Nach der Besetzung seines Landes warnt er die Gesellschaft vor Resignation. Im Herbst nimmt er an Studentendemonstrationen teil, er benennt klar und sachlich die Verhältnisse, die unaufhaltsam zur nächsten Totalität führen, analysiert und verurteilt sie. Er erhält – wie Hunderte von anderen Autoren und Künstlern – daraufhin Aufführ- und Publikationsverbot. Im Januar 1969 äußert er sich zur Polemik „Das tschechische Los“, die Milan Kundera eröffnete. Die Diskussion über die Bedeutung des Prager Frühlings und über das Verhalten der Gesellschaft nach der sowjetischen Okkupation wird in den Jahren 1968–1970 auf Seiten der Kulturzeitschriften geführt. Wegen der Teilnahme an der Erstellung der Zehn-Punkte-Erklärung, in der er die Politik der s.g. Normalisierung ablehnt, wird er verhört und beschuldigt, die Zersetzung der Republik betrieben zu haben; das Strafverfahren wird auf unbestimmte Zeit ausgesetzt. Es beginnt die Dissidenten-Ära.
VH hält sich abwechselnd in Prag und in seinem Landhaus in Hrádeček bei Trutnov auf, gerät für einige Jahre in eine schwere Schöpferkrise und leidet unter der Trennung von der Kulturwelt. Seine Werke dürfen in der Tschechoslowakei nicht publiziert werden, er lebt von Honoraren, die er für die Herausgabe seiner Bücher und Aufführung seiner Theaterstücke (mehr als 300 Uraufführungen) im Ausland bekommt. Seine Essays werden in verschiedene Sprachen übersetzt und in anspruchsvollen Zeitschriften im Ausland publiziert. VH erfreut sich international wachsender Bekanntheit als Schriftsteller, und das Landhaus der Havels avanciert zum wichtigen Treffpunkt von Vertretern der unabhängigen tschechischen Kulturszene und Bürgerrechtskämpfern.
VH arbeitet als Hilfsarbeiter in der Brauerei in Trutnov. Diese Erfahrung thematisiert er in seinem Theaterstück „Audienz“ (1975), in dem zum ersten Mal der schüchterne Dissident Ferdinand Vaněk erscheint. Weitere Vaněk-Stücke, Schauspiele über diesen „nichtheldischen Helden“, schreibt nicht nur VH selbst, sondern auch seine Dissidenten-Freunde.
Im Jahr 1974 war ich etwa zehn Monate als Arbeiter in der Brauerei in Trutnov angestellt (Hrádeček ist etwa zehn Kilometer von Trutnov entfernt). In meinem Gespräch mit Lederer aus dem Jahre 1975 sage ich, dass ich dort aus finanziellen Gründen hingegangen bin, heute aber scheint mir, dass ich es wohl eher aus dem Bedürfnis nach einer Veränderung getan habe; das erstickende Nichtgeschehen, von dem ich umgeben war, begann mir schon ein wenig auf die Nerven zu gehen, ich wollte für eine Weile aus meinem Schlupfwinkel fort und in ein anderes Milieu, unter andere Leute kommen. (Fernverhör. Ein Gespräch mit dem Journalisten Karel Hvížďala, 1986)
Er schreibt einen offenen Brief an Gustav Husak, den Generalsekretär der Kommunistischen Partei der Tschechoslowakei. In dem Brief kritisiert er die „Normalisierung“, die in der Wirklichkeit zur Demoralisierung und zum Verlust menschlicher Identität führt.
Zusammengefasst lautet die Frage so: Wie groß wird morgen die geistige Impotenz der Nation sein, deren Kultur man heute kastriert? Ich befürchte, dass die verderblich gesellschaftlichen Folgen, von konkreten politischen Interessen hervorgerufen, diese um viele Jahre überleben werden. Um so größer wird aber die historische Schuld jener sein, die die geistige Zukunft des Volkes ihren eigenen gegenwärtigen Machtinteressen geopfert haben.
Er gründet einen Samisdat-Verlag „Edice Expedice“, in dem abgetippte Texte verbotener Autoren veröffentlicht werden. Das Amateurtheater Divadlo na tahu in Horní Počernice führt das von John Gay inspirierte Schauspiel Havels „Bettleroper“ (Regie: Andrej Krob) auf, eine ironische Darstellung der Verflechtung der kriminellen Unterwelt mit der Welt der Mächtigen. Der Regisseur, die Schauspieler und sogar die Zuschauer werden danach vom kommunistischen Regime verfolgt. Diese Uraufführung ist von symbolischer Bedeutung für die Entstehung der tschechischen Underground-Kommunität.
Dank dem damaligen Kollegen aus der Tvář-Redaktion Jiří Němec lernt VH Ivan Martin Jirous (geb. 1944) kennen, den Anführer des Musik- und Kultur-Undergrounds. Nachdem gegen die Musikband Plastic People of the Universe ein Strafprozess eingeleitet worden ist, organisiert VH Proteste zur Unterstützung der Beschuldigten. Im August unterschreibt er einen Brief an den deutschen Schriftsteller Heinrich Böll, in dem sieben tschechische Schriftsteller und Philosophen diesen um Solidarität mit den verurteilten Mitgliedern der Rockgruppe bitten. Dieser Strafprozess ist auch der unmittelbare Impuls für die Entstehung einer Kommunität, aus der später die Bürgerrechtsbewegung Charta 77 hervorgeht.
Die Staatsmacht war von der Entwicklung der Ereignisse um die Plastic People äußerst überrascht; niemand hatte offensichtlich erwartet, dass gerade dieser Fall ein solches Echo haben wird; man hatte angenommen, er würde routinemäßig als ein Kriminalfall unter tausend anderen erledigt werden. Zunächst wurde ein diffamierender Gegenangriff versucht (Fernsehfilm gegen die Plastic People, verschiedene Artikel, zum Beispiel in Mladý svět), dann begann man, Konzessionen zu machen: die Verhafteten wurden allmählich aus der Untersuchungshaft entlassen, der Fall wurde irgendwie immer kleiner, bis zuletzt (wenn ich einen kleineren Prozess in Pilsen nicht mitrechne) nur vier Personen verurteilt wurden, und dazu noch zu verhältnismäßig geringen Strafen, um die Untersuchungshaft abzudecken oder ein paar Monate länger, die höchste Strafe erhielt klarerweise Jirous. Der Prozess war berühmt, Sie kennen wahrscheinlich die Überlegungen, die ich damals dazu geschrieben habe. Man konnte noch in den Gerichtskorridoren und Treppenhäusern stehen, man konnte noch die in Handschellen geführten Angeklagten sehen und ihnen zurufen, diese Möglichkeiten wurden dann schnell abgebaut — in einem Tempo, das der Geschwindigkeit entsprach, mit der die Solidarität wuchs. Das in den Räumen des Gerichts versammelte Publikum war ein Vorabbild der Charta 77; die Atmosphäre der Gleichheit, Solidarität, Zusammengehörigkeit, Gemeinschaft und aufopferungswilligen Bereitschaft, sich gegenseitig zu helfen, hervorgerufen von dem Bewusstsein der gemeinsamen Sache und der gemeinsamen Bedrohung, war nicht nur die Atmosphäre dieses Gerichtsgebäudes, sondern auch die Atmosphäre der ersten Monate der Charta. (Fernverhör. Ein Gespräch mit dem Journalisten Karel Hvížďala, 1986)
Uraufführung der Einakter „Audienz“ und „Vernissage“ am Wiener Burgtheater. Unter Regisseur Achim Benning werden während der nächsten 10 Jahre praktisch alle Bühnenstücke Havels am Burgtheater uraufgeführt.
Die Charta 77 wird veröffentlicht, eine Petition und zugleich eine mit ihr verbundene Bürgerrechtsbewegung in der Tschechoslowakei. Sie verbindet mehrere Hundert von Aktivisten verschiedener Überzeugungen – Demokraten, Christen, Reformkommunisten, Underground-Vertreter. VH ist Mitverfasser des Textes und einer der ersten drei Sprecher. Im Januar wird er festgenommen und bis Mai sitzt er in Untersuchungshaft. Im Oktober erhält er eine Bewährungsstrafe wegen Schädigung der Staatsinteressen im Ausland. Sein enger Freund und ebenfalls Sprecher der Charta, der Philosoph Jan Patočka (geb. 1907), stirbt an Erschöpfung nach einem Verhör durch den Staatssicherheitsdienst.
CHARTA 77 ist eine freie informelle und offene Gemeinschaft von Menschen verschiedener Überzeugungen, verschiedener Religionen und verschiedener Berufe, verbunden durch den Willen, sich einzeln und gemeinsam für die Respektierung von Bürger- und Menschenrechten in unserem Land und in der Welt einzusetzen – jener Rechte, die den Menschen von beiden kodifizierten internationalen Pakten, von der Abschlussakte der Konferenz in Helsinki, von zahlreichen weiteren internationalen Dokumenten gegen Krieg, Gewaltanwendung und soziale und geistige Unterdrückung zugestanden werden und die zusammenfassend von der „Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte“ der UN zum Ausdruck gebracht werden.
In Havels Landhaus in Hrádeček findet das III. Festival der anderen Kultur statt. Obwohl das Musikfestival, bei dem viele Underground-Musiker auftreten, unter Strafe verboten ist, nehmen daran mehr als zweihundert Leute teil.
VH gründet gemeinsam mit anderen Unterzeichnern der Charta 77 den Ausschuss zur Verteidigung der zu Unrecht Verfolgten (VONS), der sich für die Verteidigung der rechtswidrig verfolgten Leute einsetzt, sowie für die Dokumentierung und Veröffentlichung von deren Fällen.
Das Ziel dieses Ausschusses ist die Aufdeckung von Fällen, in denen Personen für ihre Meinungsäußerungen strafrechtlich geahndet bzw. gefangen gehalten werden oder Opfer der polizeilichen und gerichtlichen Willkür geworden sind. Wir werden die Öffentlichkeit und die Behörden auf diese Fälle aufmerksam machen und den betroffenen Personen innerhalb unserer Möglichkeiten helfen. Wir wollen dabei mit jedem kooperieren, der sich für diese Kooperation interessiert. Wir fordern die Bürger auf, uns auf solche Fälle aufmerksam zu machen (am besten persönlich). Wir sind überzeugt, dass die Tätigkeit unseres Ausschusses dazu beiträgt, dass Leute nicht zu Unrecht verfolgt und verhaftet werden. (aus der Gründungserklärung von VONS)
VH nimmt am ersten gemeinsamen Treffen der Mitglieder des polnischen Komitees zur gesellschaftlichen Selbstverteidigung (KOR) und der Charta-Unterzeichner an der tschechoslowakisch-polnischen Grenze teil. Im September unterzeichnet er gemeinsam mit weiteren 21 Teilnehmern des zweiten Treffens einen Brief an Menschenrechtsverteidiger in Osteuropa. Das dritte, für Oktober geplante Treffen wird durch die tschechoslowakische und polnische Polizei verhindert.
VH schreibt sein berühmtestes Essay „Die Macht der Ohnmächtigen“ über das Verlassen des „Lebens“ in Lüge und einen Versuch um ein „Leben in Wahrheit“, in dem er die Lage und Widerstandsmöglichkeiten der Dissidenten-Bewegung analysiert.
Das „Leben in Wahrheit“ hat also im posttotalitären System nicht nur eine existentielle Dimension (es bringt den Menschen zu sich selbst zurück), nicht nur noetische (es enthüllt die Wirklichkeit wie sie ist) und nicht nur moralische (es dient als Beispiel). Es hat dazu noch eine deutliche politische Dimension. Da das „Leben in Lüge“ die Grundstütze des Systems ist, ist es kein Wunder, dass das „Leben in Wahrheit“ eine Grundbedrohung für das System bedeutet. Deshalb muss es härter verfolgt werden als alles andere. Die Wahrheit – im breitesten Sinne des Wortes – hat in dem posttotalitären System eine besondere Tragweite, die ihr in einem anderen Zusammenhang fehlt: In einem viel höheren Maße – und vor allem auf eine andere Art – spielt sie hier die Rolle eines Machtfaktors, ja einer politischen Kraft.
VH steht für sechs Monate unter Hausarrest. Ab Dezember 1978 überwacht die Staatssicherheit die Treppe zu seiner Prager Wohnung sowie das Haus in Hrádeček, wo sie ein Wächterhäuschen bauen lässt, das VH Lunochod nennt. Im Mai 1979 werden VH und weitere elf VONS-Mitglieder verhaftet.
In der Untersuchungshaft bekommt er ein Angebot, für ein Jahr nach New York auszureisen, mit anderen Worten ausgedrückt – ein Angebot, in die Emigration zu gehen, was VH ablehnt, sofern nicht alle anderen politischen Gefangenen entlassen werden. Er verzichtet somit auf die Möglichkeit, der Haftstrafe zu entkommen. Aus dem Gefängnis schreibt er Briefe an seine Ehefrau, in denen er über Ethik, Verantwortung und das Verhältnis zu Gott nachdenkt. Diese werden von Havels Freunden in Buchform unter dem Titel „Briefe an Olga“ herausgegeben. Das Buch wird als das wichtigste denkerische Werk Havels begeistert angenommen und bald in mehrere Weltsprachen übersetzt.
Sein Vater, Václav M. Havel, stirbt.
Gerichtsprozess mit den VONS-Mitgliedern. VH wird zu viereinhalb Jahren ohne Bewährung wegen Zersetzung der Republik verurteilt, zu ähnlichen Freiheitsstrafen werden auch weitere VONS-Aktivisten – Petr Uhl, Jiří Dienstbier, Otta Bednářová, Václav Benda, Dana Němcová u.a. – verurteilt.
Die Unterstützung Vaclav Havels im Ausland wächst, vor allem in künstlerischen Kreisen. Der für die Bühne adaptierte Gerichtsprozess wird in verschiedenen Theatern und im Fernsehen aufgeführt. Im Sommer 1982 veranstalten die Organisatoren des Theaterfestivals in Avignon zu seiner Unterstützung „Eine Nacht für Václav Havel“, das Ensemble des Wiener Burgtheaters eröffnet für ihn eine Petition, und auch einige westliche Politiker plädieren für seine Entlassung. VH erhält Ehrendoktorate der Universitäten in Toronto und Toulouse-Le Mirail.
Havels Strafvollzug wird aus gesundheitlichen Gründen ausgesetzt. Nach einer schweren Lungenentzündung ringt VH um sein Leben – u.a. wegen breiter internationaler Unterstützung wird er in häusliche Pflege entlassen.
Liebe Olga, am letzten Sonntag, dem 23. Januar 1983, überfiel mich gegen 3.00 Uhr nachmittags mit besonderer Heftigkeit die Krankheit, derentwegen ich bereits am Montag früh auf der Krankenstation aufgenommen wurde, um dann am Freitag – nach komplizierten Verhandlungen – mit dem Krankenwagen hierher, d.h. in das Gefängniskrankenhaus Prag-Pankrac, überführt zu werden. Die ersten Tage waren entsetzlich. Ich hatte so hohes Fieber, dass ich am ganzen Körper zitterte, und mit mir zitterte das ganze Bett. Der Brustkorb, der Rücken, das Kreuz und die Schultern haben mir dermaßen wehgetan, dass ich in kaum einer Position liegen konnte. Ich bewegte mich schwerfällig und hatte vor allem Atemnot. Jeder Atemzug war wie ein schmerzhafter Schlag. Ich litt unter starken, nicht nachlassenden Kopfschmerzen und war die ganze Woche unfähig, etwas zu mir zu nehmen. Ich war ganz ausgetrocknet und habe überhaupt nicht geschlafen. Zum ersten Mal habe ich das in der Nacht zu heute etwas können. Ich kann mich nicht erinnern, dass es mir je im Leben so schlecht ergangen ist. Ich war der festen Überzeugung, dass ich im Sterben liege. Ich dachte, das Herz würde versagen und ich würde ersticken. Ich überlegte ganz ernsthaft, Dir einen Abschiedsbrief zu schreiben. Mit den letzten Instruktionen natürlich. Und dann die Enttäuschung, dass mir die Kraft dazu fehlt. Jetzt geht es mir schon besser, ich habe nur noch erhöhte Temperatur. Der Brustkorb und der Rücken schmerzen zwar immer noch, doch lässt es sich damit schon einigermaßen leben. Ich schleiche herum wie eine rechteckig gebeugte Greisin. Am schlimmsten ist der Husten oder eine plötzliche Bewegung. (Brief an Olga, 30. Januar 1983)
Es entsteht das Schauspiel „Largo desolato“, die Geschichte eines Dissidenten, Intellektuellen und „Moralführers“ der Nation, der aus letzten Kräften um seine Identität ringt.
Im Exil erscheinen seine Essaysammlungen „Über die menschliche Identität“ und „In verschiedene Richtungen“ (Herausgeber: Vilém Prečan). VH gibt den bedeutendsten westlichen Zeitungen und Zeitschriften Interviews, verteidigt öffentlich zu Unrecht Verfolgte und kümmert sich um ihre finanzielle Unterstützung, schreibt weitere Theaterstücke und setzt die Tätigkeit der Edition Expedition fort, ist Mitglied des Redaktionsrates von Lidové noviny und Mitbegründer der Zeitschrift „Über das Theater“ (O divadle). Während er hierzulande verfolgt, mehrmals inhaftiert und schikaniert wird, erhält er im Ausland den Erasmus-Preis und den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels. In Tschechien sowie im Ausland wächst die Autorität Havels als inoffizieller Anführer der tschechischen Dissidentenbewegung.
Bei einer Hausdurchsuchung in Hrádeček beschlagnahmt die Polizei eine größere Menge von Büchern, Zeitschriften, Tonbändern, Fotografien, Privatkorrespondenz und anderen Dokumenten. Die polizeiliche Schikane setzt sich auch in den nächsten Jahren fort.
VH verfasst das Schauspiel „Die Versuchung“, eine ironische Paraphrase des Faust-Themas, das in moderne Kulissen verlagert wurde. Auch hier geht es um einen Pakt mit dem Teufel und den Kampf mit dem eigenen Gewissen, den der Held zum Schluss verliert.
VH beendet das Buch „Fernverhör“, ein autobiographisches Gespräch mit dem Publizisten Karel Hvížďala, in dem er versucht, 50 Jahre seines Lebens zusammenzufassen.
Beim Folkfestival in Lipnice nad Sázavou findet sein erstes öffentliches Auftreten nach neunzehn Jahren statt, das nur dank der Unterstützung seiner Freunde möglich war. Am 10. Dezember hält VH eine Rede auf der ersten (und einzigen) von den Behörden genehmigten Manifestation am Tag der Menschenrechte am Škroupa-Platz in Prag. Während des ganzen Jahres trifft er als Vertreter der Bürgerinitiative Charta 77 mit ausländischen Politikern und Diplomaten zusammen (u.a. auch mit dem französischen Präsidenten François Mitterrand).
Während der Protestwoche zum 20. Jahrestag der Selbstverbrennung Jan Palachs am Wenzelsplatz (s.g. Palach-Woche) wird VH festgenommen und zu neunmonatiger Haft ohne Bewährung verurteilt. Zu seiner Unterstützung entsteht eine Petition, die auch viele Künstler aus dem Bereich der offiziellen Kultur unterschreiben. Die Grenze zwischen der offiziellen und der alternativen Kultur bröckelt. Es entsteht ebenfalls eine Kampagne zur Unterstützung von Havels Kandidatur für den Friedensnobelpreis. Im Mai wird VH auf Bewährung aus der Haft entlassen. Kurz nach seiner Entlassung wird er Mitinitiator der Petition für die Demokratisierung der tschechoslowakischen Gesellschaft „Einige Sätze“, die in kurzer Zeit von mehreren zehntausend Menschen unterschrieben wird. Im Oktober wird er noch einmal verhaftet – diesmal jedoch nur für einige Tage. Das Regime steht kurz vor dem Zusammenbruch.
Das Urteil scheint mir wegen all dem einfach ein Akt der Vergeltung dafür zu sein, dass ich solche Meinungen habe, wie ich sie nun einmal habe, und dass ich mich nicht mit ihnen verstecke. Sein konkreter Inhalt hat in meinen Augen nur eine stellvertretende Funktion, die sie zudem nur sehr dürftig erfüllt. Es käme mir zu diesem Stand der Dinge redlicher vor, wenn es nur so lauten würde: „Václav Havel, du regst uns im Großen und Ganzen auf, deshalb gehst du für neun Monate ins Gefängnis.“ (Schlussrede vor Gericht – 21. März 1989)